Serie City-Mobilität: Carsharing – eigentlich eine gute Idee

Wenn man die jüngeren Schlagzeilen rund um das Carsharing betrachtet, kommen allerdings Zweifel auf. Erst vor kurzen hat Oply, im März 2018 von München aus gestartet und mit Firmensitz in Luxemburg, seinen Dienst eingestellt. Dringend notwendiges Kapital konnte nicht mehr beschafft werden. 50 Mitarbeiter verlieren ihren Job und angeblich rund 60.000 Oply-Kunden ihr Kundenkonto. Nach Aussagen der deutschen Geschäftsführerin Katharina Wagner sei die Auslastung sehr gut gewesen, jedoch die Bereitschaft von Geldgebern in Mobilitätskonzepte zu investieren zuletzt stark gesunken.

Laut Handelsblatt und einer Studie des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg ist der Trend zum eigenen und selbstgefahrenen Auto ungebrochen, was zu einer weiteren Verdichtung des Verkehrs in den Städten führt. Privatfahrzeuge werden nicht durch Carsharing-Autos ersetzt, sondern alle zusammen werden immer mehr. Nach der Studie sei seit 2009 die Zahl der Pkw in Deutschland um 5,8 Millionen oder 1,4 Prozent auf 47,1 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Die Pkw-Dichte habe parallel von 504 auf 567 Fahrzeuge pro 1.000 Einwohner zugenommen. Beispiel Großstädte: In Berlin beispielsweise habe die Zahl der Pkw in den vergangenen zehn Jahren um 11,3 Prozent zugelegt, in München um 18,5 Prozent und in Leipzig um 21,2 Prozent. Das dürfte Baldrian für die doch stark verunsicherten Vorstände deutscher Autofabriken sein.

Sixt rechnet sich aufgrund seiner Integration mit den anderen Diensten bessere Chancen beim Carsharing aus.

Die Anzeichen deuten darauf hin, dass zumindest für die Autohersteller selbst, Carsharing wohl nicht das richtige Geschäftsmodell ist. Opel, Mazda und Citroen etwa haben ihre Angebote wieder eingestellt, und die Branchenführer Car2go (Daimler) und Drive Now (BMW) mussten sich zu ShareNow zusammenschließen, um profitabler zu werden – und das Geschäft in den USA aufzugeben.

Integrierte Konzepte für City-Mobilität fehlen

Unternehmensberater von Roland Berger und McKinsey betrachten ernüchtert Carsharing und Ridehailing, so ist es in einem Special der Fachzeitschrift Car-it nachzulesen. Die zitierten Berater wundern sich: Der ÖPNV sei unprofitabel und Fluggesellschaften hätten geringe Margen. Ein Erfolg für neue Mobilitätsformen sei aus dieser Sicht nicht plausibel. Selbst bei einem RoboTaxi – unsere Meinung dazu steht hier –  stellen Auslastung und Grenzkosten das Hauptproblem dar. Das MIT in USA hat das für San Francisco durchgerechnet: auch für ein RoboTaxi springt die Auslastung kaum über 50 Prozent. McKinsey schätzt, dass ein Kilometerpreis von 50 bis 60 Cent für alle Kosten eines Autos bei einem RoboTaxi erst mittelfristig erreicht werden könne, ab 2027. Das Fazit der MIT-Wissenschaftler für San Francisco: ein gebrauchtes Auto wäre allemal günstiger als Ridehailing nach Art von Uber oder Lyft.

Doch die Zeiten als Karl Malden und Michael Douglas in schlecht gefederten Straßenkreuzern über die Straßen von San Francisco wubbelten, sollten nun wirklich vorbei sein. Auch wir meinen: in der Stadt muss die Zahl der privaten Autos reduziert werden. Die Berater von McKinsey sehen übrigens die öffentliche Hand mehr in der Pflicht, um den unkontrollierten Wildwuchs von Mobilitätsplattformen zu vermeiden. Das könnte auch das Engagement der Kommunen in Teilen der Wertschöpfungskette bedeuten, etwa beim Betrieb und der Reinigung der (Elektro-)Fahrzeuge. Statt sich weiter in Konzept- und Planlosigkeit zu üben, sollten die Städte einen ganzheitlichen Plan auf die Beine stellen, in dem sich Bahn, Bus, Taxi und Fahrräder sowie e-scooter optimal ergänzen.