FREE NOW ZIEHT SICH AUS DEM MIETWAGENGEWERBE ZURÜCK

Der Mobilitätsanbieter Free Now ist einst ausgezogen, um mithilfe seiner Taxikunden auch beim taxiähnlichen Mietwagenverkehr große Stücke vom Kuchen abzubekommen. Diesen Weg verlässt das Unternehmen jetzt wieder. 

Urkundenfälschung, Sozial-Dumping, Briefkastenunternehmen – der ARD-Sender rbb hat vor einigen Wochen die bandenmäßige Kriminalität vieler (Berliner) Mietwagenunternehmer entlarvt. Sie fahren entweder für Uber, für Bolt oder Free Now – oder für alle. Die Recherche des rbb hatte hohe Wellen geschlagen und auf die prekäre Lage aufmerksam gemacht.

Doch während Uber und Bolt dazu schweigen oder versuchen, die Sache kleinzureden, vollzieht Free Now eine öffentliche Kehrtwende. Gegenüber der Berliner Zeitung verkündete der Free-Now-Präsident Alexander Mönch den kompletten Rückzug des Unternehmens aus dem taxiähnlichen Mietwagensegment. „Wir werden uns in wenigen Monaten, noch im Laufe dieses Jahres aus dem Geschäft zurückziehen und in Deutschland keine Fahrten mit Mietwagen mehr vermitteln“, sagte Mönch der Berliner Zeitung. Das Geschäft sei legal nicht zu betreiben, lautete Mönchs Erkenntnis. „Wer in dieser Branche über die Runden kommen will, muss Regeln brechen.“

Angedeutet hatte sich dieser Sinneswandel schon vor längerem. So hatte sich Mönch beispielsweise um Zuge der RBB-Berichterstattung sowohl in einem Interview mit dem Sender als auch bei einer öffentlichen Sitzung des Berliner Verkehrsausschusses nicht nur für Maßnahmen zur Eindämmung der Kriminalität bekannt, sondern konnte auch belegen, dass sich taxiähnlicher Mietwagenverkehr unter Beachtung des gesetzlichen Rahmens nicht kostendeckend durchführen lässt.

Free Now war 2019 in die taxiähnliche Mietwagenvermittlung eingestiegen – mit der Erwartungshaltung, dass sich das Geschäft durch eine hohe Auslastung der Fahrzeuge wirtschaftlich betreiben lasse. Um diese hohe Auslastung zu erreichen, locken die Mietwagenvermittler wie Uber, Bolt und Free Now die Fahrgäste mit Dumpingpreisen weit unterhalb des Taxitarifs und schaden damit der Taxibranche enorm.

Dies betrifft vor allem jene Städte, in denen Uber aktiv ist und in denen die dortigen Aufsichtsbehörden dem permanent rechtswidrigen und bandenmäßig kriminellen Treiben zu lange tatenlos zugesehen hat, unter anderem in München, Düsseldorf und ganz besonders in Frankfurt und Berlin. Besonders in den letztgenannten Städten ist die Zahl der Mietwagen mittlerweile so stark angewachsen, dass es dort die nahezu identische Anzahl Taxis wie Mietwagen gibt. Die Dunkelziffer der ohne Konzession und damit völlig illegal agierenden Fahrzeuge ist hier nicht mal eingerechnet. Sie alle sind bei den Plattformvermittlern Uber, Bolt und Free Now untergeschlupft, weil deren Kontrollmechanismen den Betrug nicht aufdecken konnten (und wollten), denn je mehr Fahrzeuge im Vermittlungs-Tool der Apps zur Verfügung standen, desto mehr Kundenwünsche konnten erfüllt werden und desto mehr Einnahmen konnten über die Vermittlungsprovision erzielt werden.

Die Mietwagenbetreiber können bei diesem Geschäftsmodell der App-Betreiber allerdings auf legale Weise keinen wirtschaftlichen Betrieb aufrechterhalten. Was die Taxibranche schon seit Jahren gegenüber der Politik, den Behörden und auch gegenüber der Bevölkerung anprangert, wird nun auch von Alexander Mönche als „Insider“ bestätigt. Man musste feststellen, dass sich das Prinzip der Wirtschaftlichkeit durch hohe Auslastung nicht erfüllt habe, so Mönch in der Berliner Zeitung. „Selbst wenn sich immer wieder neue Aufträge anschließen, brauchen die Fahrer Zeit, um zum nächsten Kunden zu gelangen. Legal und eigenwirtschaftlich sind keine Gewinne möglich.“

Diese These hatte Mönch vor einigen Wochen auch im Abgeordnetenhaus von Berlin bei einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr (Sitzungs-Nr. 32), mit einer Einnahme- und Ausgabetabelle, die Wirtschaftlichkeit eines Mietwagenbetriebes untermauert. Diese zeigt deutlich, dass es an Plausibilität fehlt, um in dieser Konstellation zu überleben.

Wirtschaftlichkeit von Mietwagen. Quelle Free Now Screenshot 32. Anhörung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr am 21.02.2024

Damit entlarvt Free Now auch die Argumentation von Uber und Bolt, die von einer wirtschaftlich lohnenden Tätigkeit der Mietwagenbetriebe berichten, weil diese über die Uber- bzw. Bolt-App eine Auslastung (bis 70 Prozent) erzielen würden – ohne dieses allerdings belegen zu können.

Free Now will sich diesem Schwindel jedenfalls nicht länger ansehen und zieht sich nun also aus der taxiähnlichen Mietwagenvermittlung zurück. Man wolle das Geld, das man bisher im Mietwagensegment ausgegeben habe, in Zukunft dem Taxigewerbe zugutekommen lassen, so Mönch gegenüber der Berliner Zeitung.

Das Taxisegment hatte Free Now nie ganz verlassen, allerdings seit 2019 deutlich an Zuspruch aus dem Taxigewerbe verloren. Ob man dieses Vertrauen jetzt wieder zurückgewinnen kann? Anders als bisher könnte Free Now aber auch im Taxisegment einen Wandel vollziehen und künftig nicht mehr als zusätzlicher Vermittler in Konkurrenz zu den bestehenden Taxizentralen, sondern als deren Partner agieren.

Quelle: Taxi Times

Originalmeldung: Free Now zieht sich aus dem Mietwagengewerbe zurück (taxi-times.com)

Autor: Jürgen Hartmann

Beitragsfoto: Taxi Times